Rosenkrieg: Wenn Trennung eskaliert.
Eine Scheidung mit einem verbitterten Rosenkrieg kostet nicht nur Nerven, sondern auch Zeit und Geld. Diese belastende Situation nagt auch an der Gesundheit. Es gibt also gute Gründe, eine unvermeidliche Trennung nach Möglichkeit einvernehmlich und friedlich zu vollziehen.
Was ist ein Rosenkrieg?
Eine zerbrochene Beziehung ist immer eine schmerzliche Erfahrung. Das gewohnte Leben wird komplett auf den Kopf gestellt, bisherige Sicherheiten lösen sich auf, Zukunftsängste belasten. Nicht immer sind sich beide Partner einig, dass eine Trennung die beste Lösung ist. Aber auch für denjenigen, der die Trennung einseitig wünscht, ist die Situation nicht einfach zu bewältigen. Der verlassene Partner aber ist oft mit der Entscheidung überfordert und startet möglicherweise in einen sogenannten Rosenkrieg.
Historischer Hintergrund
Wie kommt es überhaupt, dass einem verbitterten Scheidungskrieg der Name Rosenkrieg gegeben wurde? Die Rose, das Symbol der Liebe für hasserfüllte Racheaktionen? Geschichtlich betrachtet hat der Begriff seinen Ursprung im mittelalterlichen England. Die Adelshäuser York und Lancaster führten im 15. Jahrhundert einen erbitterten Krieg um den Anspruch auf den Thron. Nach einem 30-jährigen Konflikt siegte das Haus Lancaster über das Haus York. Da die Wappen beider Adelshäuser eine Rose enthielten, die weiße Rose von York und die rote Rose von Lancaster, bezeichnete man die Auseinandersetzungen um die Krone als Rosenkriege.
Was meint man heute mit Rosenkrieg?
Heutzutage wird der Begriff für einen heftiger Scheidungs- oder Trennungskonflikt gebraucht, der um Kinder, Geld, Haus oder andere Ansprüche geführt wird. Harte verbale Attacken und Racheaktionen sind hierbei keine Seltenheit. Die Zahlen dazu sind unterschiedlich. Manchen Untersuchungen zufolge wird jede zweite Scheidung von einem mehr oder weniger heftigen Rosenkrieg begleitet. Bei einem Rosenkrieg geht es nicht nur um übliche Streitigkeiten während einer Trennung, sondern um einen Scheidungsstreit auf höchster Eskalationsstufe. Der andere soll regelrecht vernichtet werden. Zum Glück kommen derart massive Konflikte sehr selten vor. Ein vorsorglich geschlossener Ehevertrag ist kein Schutz gegen einen ausbrechenden Rosenkrieg, denn die Feindseligkeiten wurzeln auf einer ganz anderen Ebene.
Welche Trennungen sind besonders gefährdet?
Besonders gefährdet sind Trennungen, die nur von einem Partner gewünscht werden oder wenn zudem eine neue Liebe der Grund dafür ist. Der verlassene Partner kann das Ende der Beziehung nicht akzeptieren und hält durch den Rosenkrieg die Verbindung weiter aufrecht. Es gibt Menschen, oft sind es Frauen, die trotz juristisch einvernehmlicher Scheidung, im Führen eines Rosenkrieges über viele Jahre vollkommen aufgehen können und den Ex-Partner oft über lange Zeit mit feindseligen Schikanen begleiten.
Woher kommen Rachegelüste?
Der Wunsch nach Rache entspringt dem Bedürfnis, einen Ausgleich für ein vermeintlich erlittenes Unrecht zu schaffen. Die Person, die man dafür verantwortlich macht, soll nun ebenfalls Schaden erleiden. Sie soll also dafür bezahlen. Dabei geht es seltener um objektiv erlittenes, sondern um subjektiv empfundenes Unrecht. Auch die Angemessenheit der Aktion, mit der der Ausgleich hergestellt werden soll, unterliegt dem rein subjektiven Empfinden. Rache kommt immer aus Kleinheit und Schwäche.
Die narzisstische Kränkung
Die Tiefe einer Kränkung hängt mit dem Selbstwert zusammen. Bei einer narzisstischen Kränkung kommt es zu einer übermäßigen Reaktion. Je schwächer das Selbstwertgefühl, desto höher ist die grundsätzliche Kränkbarkeit und die Bereitschaft zu emotionalen Dramen. Wie stark nach einer Trennung eine narzisstische Krise auftritt, hängt also auch stark mit dem Selbstwertgefühl des Partners, der verlassen wird, ab.
Kann Liebe in Hass umschlagen?
Zeigt das Ausbrechen eines Rosenkrieges bei einer Trennung an, dass es gar keine echte Liebe gewesen ist? Vielleicht ist die anfängliche Verliebtheit und Leidenschaft nie in Liebe übergegangen, sondern es blieb nur bei Zuneigung? War die vermeintliche Liebe nur eine Täuschung und jetzt kam die Ent-Täuschung? Hass wird manchmal als das Gegenteil von Liebe genannt. Passender steht aber der Liebe der Egoismus gegenüber. Wahre Liebe ist nämlich nicht egoistisch. Sie ist ein durch und durch wohlwollendes Gefühl, bedingungslos, sie verurteilt nicht, hat keine Erwartungen, will nicht besitzen, lässt dem anderen Freiheit und wünscht ihm nur das Beste.
Ein Rosenkrieg hinterlässt immer nur Verlierer
Eine Trennung wird immer vielfältige Emotionen hervorrufen: Wut, Enttäuschung, Ohnmachtsgefühle, Angst, Schmerz, Trauer. Wenn Trauer entsteht, hilft sie, den Prozess der Trennung zu verarbeiten und loszulassen. Hass aber bindet, kann nicht loslassen. Hass ist tiefe Abscheu und Feindseligkeit. Er hat immer eine zerstörerische Komponente. Man hasst, weil einem etwas genommen wurde, was man meinte, zu besitzen.
Erste Hilfe, wenn die Emotionen entgleiten
Wenn sich abzeichnet, dass die Trennungskonflikte zu eskalieren drohen, ist es ratsam, sich bald fachliche Unterstützung bei einem Mediator oder Psychologen zu holen. Eine Trennung in gegenseitigem Respekt ist auch für das eigene Wohlbefinden von großer Bedeutung.
Insbesondere sollte man Kinder nicht in einem Scheidungskrieg benutzen, sondern sich darauf besinnen, dass der Konflikt eine Sache zwischen den ehemaligen Partnern ist und nichts mit der Beziehung zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu tun hat. Das Interesse des Kindes darf nicht für Racheaktionen geopfert werden. Man kann zum Wohle der Kinder auch eine Familie bleiben, auch wenn man als Partner getrennte Wege geht.
Rache am Ex-Partner als Leidensausgleich
Gefühle sind tiefgehend und dementsprechend gehen auch Verletzungen der Gefühle entsprechend tief. Über die Vernunft lässt sich das nicht so einfach ausschalten. Obwohl die Beteiligten unter deutlichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen leiden und auch nicht selten ein finanzielles Desaster entsteht, gestaltet sich die Beilegung des belastenden Konfliktes sehr schwierig. Besonders wenn der Partner mit seiner neuen Liebe das Leben genießt, kommt der Verlassene oft nur schwer damit zurecht. Die daraus folgenden, oft regelrecht hasserfüllten Auseinandersetzungen hinterlassen verheerende Spuren auf der seelischen, körperlichen und finanziellen Ebene. Ein Rosenkrieg will einen Leidensausgleich. Aber auch wenn man zunächst vermeintliche Befriedigung aus den Kämpfen zu ziehen scheint, weil sie dem anderen für zugefügte Verletzungen etwas heimzahlen können, so hinterlässt ein Rosenkrieg am Ende immer nur Verlierer. Die Rechnung geht nie auf. Der Preis, den der auf Rache sinnende am Ende selbst zu zahlen hat, ist immer zu hoch. Zudem sollte man sich bewusst machen, dass man als „Kriegstreiber“ im Trennungsprozess keine Stärke, sondern Schwäche demonstriert.
Rache ist nicht süß
Der Volksmund sagt: Rache ist süß. Das unterstellt, dass Rache schmeckt und gut tut, doch das ist allenfalls nur anfangs und sehr kurzzeitig der Fall. In den allermeisten Fällen verschwindet die innere Genugtuung schnell und die Racheaktion hinterlässt einen eher schalen Geschmack. Viele grübeln anschließend darüber nach, ob die Aktionen mit dem Anspruch an den eigenen Charakter vereinbar sind und empfinden im Nachhinein sogar Scham. Rache ist also durchaus eine zweischneidige Angelegenheit. Letztlich stecken hinter Racheaktionen, die der Verlassene plant, eine tiefe Kränkung und Trauergefühle, die man besser anders verarbeiten sollte. Sich als Opfer zu fühlen, im Selbstmitleid zu verharren, tut nicht gut und schadet der körperlichen und seelischen Gesundheit sowie der Selbstachtung.
Auswege aus dem Rosenkrieg
Es kann aber auch anders gehen. Wer Rachegelüste in sich spürt, kann auch andere Wege zum emotionalen Ausgleich wählen. Je nach Veranlagung hilft sportliches Ausagieren oder meditative Ruhe zurück zur inneren Balance. Selbstreflexion, die eigenen Anteile betrachten, Vergebung statt Vergeltung führt zu innerer Ausgeglichenheit und der Fähigkeit, loszulassen.
Was bedeutet Vergebung?
Vergebung hat nichts damit zu tun, dass wir etwas gut heissen. Die Verantwortung für seine emotionale Reaktion auf die Situation zu übernehmen, vermittelt Einsicht darüber, dass man selbst entscheiden kann, wer oder was einen kränkt. Das stärkt das Selbstwertgefühl. Der Paarberater und Buchautor Hans Jellouscheck rät dazu, sich nicht ausschließlich als Opfer des „bösen“ Partners zu fühlen und nicht ihn allein für das Scheitern verantwortlich zu machen, weil so kein positiver Aufbruch möglich ist. In seinem sehr empfehlenswerten Ratgeber Trennungsschmerz und Neubeginn. regt er an, sich selbst und dem Expartner in einem Ritual zu vergeben. Dieses Ritual kann man auch gut alleine durchführen. Dabei gehe es einerseits darum, das Positive der Partnerschaft und andererseits auch das, was man sich wechselseitig schuldig geblieben ist, anzuerkennen. Ein Beziehungs-Aus kommt nicht aus heiterem Himmel. Wollte man vielleicht selbst Warnzeichen nicht sehen, vor Signalen die Augen verschließen? Selbstfürsorge gibt Stabilisierung und ermöglicht einen konstruktiven Umgang mit dem neuen Lebensabschnitt. Tagebuchaufzeichnungen können eine gute Hilfe sein, um seine Verfassung zu klären und zu ordnen.
- Leigh DeMoss, Nancy (Autor)
Trotz allem auch die guten Seiten sehen
Friedliche Trennungen gelingen den Paaren, die dem anderen trotz aller Konflikte und emotionalen Verletzungen weiterhin auch positive Eigenschaften zugestehen können. Daneben kann ein sog. Mediator dabei helfen, Vereinbarungen zu erarbeiten, die allen Betroffenen entgegen kommen und wenn auch nicht Frieden, so zumindest erst einmal Waffenruhe herzustellen.
Wann ist psychologische Unterstützung sinnvoll?
Aber extrem verbissene Rosenkriege können manchmal leider auch mit Unterstützung eines Mediators nicht beendet werden, weil der maßgebliche Konfliktpartner eine Lösung gar nicht möchte. Meist ist es derjenige, der vom Partner verlassen wurde, der emotional noch stark verstrickt ist und meint, noch eine Rechnung offen zu haben und etwas heimzahlen möchte. Tiefe narzisstische Kränkungen sind nicht so einfach zu überwinden. Mitunter kann dann auch eine Psychotherapie angeraten sein, um die emotionale Herausforderung zu verarbeiten und erlittene Verletzungen nicht weiter in destruktives Ausagieren und womöglich in eine Verbitterung zu leiten. Eine derartige psychologische Begleitung macht in solchen Fällen durchaus Sinn, um den eigenen inneren Frieden für den Betroffenen wieder herzustellen. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten von Amerika, wo die Inanspruchnahme psychologischer Unterstützung in Krisen selbstverständlich ist, tun wir uns in Deutschland etwas schwerer damit. In den letzten Jahren vollzieht sich aber dahingehend zum Glück auch bei uns eine Veränderung.
- Jellouschek, Hans (Autor)
- von Saldern, Nadja (Autor)